Das Heilkräuter-Verzeichnis

Bilsenkraut

Das Bilsenkraut (Hyoscyamus niger) ist eine der ältesten Giftpflanzen, die die germanischen Völker kennen. Im Mittelalter wurde die Pflanze als Betäubungsmittel bei operativen Eingriffen verwendet. Da eine sichere Dosierung aber immer schwierig ist, nahmen die Ärzte lange Zeit Abstand von der Pflanze.

Auch als Mittel gegen Schädlinge, wie Ratten und Mäuse, wurde das Bilsenkraut verwendet, ebenso für allerlei Kurioses, wie etwa die Flugsalbe der Hexen.



Und sogar dem Bier war das Bilsenkraut früher zugesetzt worden, um die Wirkung zu verstärken.


Die Pflanze wird 30 bis 60 cm hoch und hat schmutzig grüne, eiförmige Blätter. Die Blüten sind gelblich und bilden einen glockenartigen Kelch. Die Blütezeit ist von Juni bis Oktober. Man findet die Pflanze auf Schuttplätzen.


Alle Angehörige der Großfamilie Bilsenkraut sind sogenannte Nachtschattengewächse. Das Kraut ist verwandt mit der Tollkirsche und dem Stechapfel. Diese drei Pflanzen sind besonders giftig, deswegen sollten Unwissende die Finger von diesen Pflanzen lassen und sich auf keinen Fall selbst damit behandeln.


Man findet die Pflanze im Norden Afrikas, in Asien, in Indien und auch hier in Europa.

Sie wächst an Wegesrändern, am Straßenrand, an Abhängen, auf Brachland und auf Schutt.


Beim Zerquetschen der Blätter verströmen diese einen "narkotischen" Geruch, er erinnert etwas an Tabak.


Man sammelt die Blätter des Bilsenkrautes im zweiten Wuchsjahr. Die Samen sammelt man, wenn sie gereift sind.

In der Kräutermedizin werden alle Teile verwendet, jedoch sind die Blätter und die Samen besonders nützlich. Dieses Heilkraut wirkt harntreibend, krampflösend, schmerzlindernd, hypnotisch, halluzinogen, betäubend und beruhigend.


Sehr giftig!

Obwohl die Pflanze sehr giftig ist, findet sie trotzdem eine Anwendung in der Naturheilkunde.


Es können damit erfolgreich Krampfzustände im Magen- und Darmbereich behandelt werden und Unruhezustände verbessert werden. Eine weitere Anwendung ist das Bilsenkraut in Salben, mit der man verschiedene Schmerzzustände erfolgreich bessern kann.


Das "Schwarze Bilsenkraut", oder einfach nur Bilsenkraut, ist schon bevor die Pflanze blüht, aufgrund seines Aussehens und des "Duftes", das es verströmt, sehr auffallend. Das Wort Duft war aber eher ironisch gemeint, tatsächlich ist der Geruch unangenehm. In Großbritannien nennt man die Pflanze deshalb wohl auch "Stinking Nightshade", also "stinkender Nachtschatten". Wenn die Pflanze blüht, hat sie aber dennoch eine gewisse Anziehungskraft, sind die cremefarbigen Blüten des Bilsenkrauts doch ungewöhnlich geadert, wie man es von anderen Blüten kaum kennt. Die feinen Adern schlängeln sich vom fast schwarzen bis ins Violett reichenden Zentrum zu den Blatträndern hin. Aus etwas Entfernung sieht die Blüte deshalb etwas aus wie ein "Zombieauge", und tatsächlich hatte die Pflanze schon im Mittelalter den Namen "Teufelsauge".


In der Pflanze sind intensiv und stark wirkende psychoaktive Alkaloide, die Bilsenkraut im Altertum und im Mittelalter für allerlei Zauberei und auch hinterhältige Vergiftungen prädestinierten. Es war sogar in der Flugsalbe der Hexen enthalten. Ob der Hexenflug aber vielleicht doch eher eine Halluzination war, kann hier nicht festgestellt werden. Denn das Problem ist: Die Rezepturen sind strengstens geheim, da findet sich nichts, was man "nachbauen" könnte... Wenn also jemand ein Rezept hat, durch das man tatsächlich fliegen kann, darf mir das gerne schreiben...


Als Heilkraut war (oder ist) das Bilsenkraut aber auch sehr geschätzt. Es war ein Narkosemittel und ein Schmerzmittel, insbesondere wenn die Zähne schmerzten.


Bilsenkraut verringert eine übermäßige Schleimsekretion und Speichelbildung.

Außerdem kann man mit dem Bilsenkraut die einzigen Getränke herstellen, von denen man Durst kriegt: Dadurch, dass die Schleimhäute immer trockener werden, je mehr man trinkt, kann man sich sprichwörtlich "tottrinken".


Das enthaltene Scopolamin wurde früher auch als Ersatzstoff für Opium verwendet, so stark ist die schmerzlindernde Wirkung, wenn man es richtig anwendet.


Die Blätter des Bilsenkrauts legte man früher äußerlich auf von Rheuma betroffene Stellen auf, und auch auf Geschwüre.


Wenn man unter Asthma litt, so wurde jahrhundertelang empfohlen, Bilsenkraut wie eine Pfeife zu rauchen. Und auch der Libido sollte das Bilsenkraut auf die Sprünge helfen, dazu verwendete man die Samen. Aus den Samen stellt man auch heute noch ein Öl her, das für erotische Massagen verwendet werden kann.


Ebenso verstreute man früher die Blätter des Krautes im Haus, damit Mäuse und Ratten fern blieben.


Bilsenkrautbier

Bereits die alten Ägypter und Assyrer sollen schon Bier mit Bilsenkraut gebraut haben.

Dies trank man zu Ritualen, etwa in Zusammenhang mit dem Totenkult oder zu anderen Zauberanwendungen. Unsere Vorfahren gaben das Kraut in das Bier, damit es mehr "anschlug".

Allerdings muss man sagen, dass dieses Bier nicht das Bier ist, wie wir es heute kennen. Darin waren viele Heilkräuter und Gewürze, außerdem Honig und Getreide, teils auch Brot. Je nachdem, was im Bier war, schmeckte es anders oder hielt sich länger.


Der Name "Pilsner" soll sich übrigens auch vom Bilsenkraut ableiten, das in dieser Biersorte war. Dieses Bier war besonders lange haltbar, da das Kraut Keime abtötete. Der Name "Pilsener" stand sogar für "lange haltbar".

Dieses "Bilsener" hat aber wiederum nichts mit dem Pilsener zu tun, das wir heute kennen, denn laut dem Reinheitsgebot aus dem Jahre 1516 haben fortan keine Kräuter, keine Gewürze, keine Chemie und auch keine Farbstoffe etwas im Bier zu suchen. Und das ist auch gut so!



Über die Giftwirkung

Die Einnahme von Bilsenkraut verursacht beim Menschen eine Reihe von Nebenwirkungen, einschließlich erweiterter Pupillen, Halluzinationen, gerötete Haut und Unruhe.

Darüber hinaus kommt es zu Erbrechen, Krämpfen, hohem Blutdruck, einem anormal schnellen Herzschlag, einer mangelnden Koordinationsfähigkeit und hohem Fieber.

Ähnlich wie die verwandte Tollkirsche erweitert das Kraut die Pupillen.

Typisch bei einer Vergiftung sind auch ein auffällig starker Rededrang und eine auffällige Euphorie.

15 der Samen sind für Kinder tödlich, für Erwachsene reicht die doppelte Menge aus...



Sagen um das Bilsenkraut

  1. Sie kennen Shakespeare und damit auch Hamlet, den Prinzen von Dänemark? Und Sie erinnern sich bestimmt auch an die Textpassage, in der Hamlets Vater als Geist seinem entsetzten Sohn begegnet und ihm beschreibt, wie er vom eigenen Bruder ermordet wurde? Ein Mord aus Neid, um das Königreich und die Frau des Bruders für sich zu gewinnen!

    „Laß kurz mich sein“, erzählt der Geist des Vaters dem Sohn Hamlet, „ich schlief in meinem Garten, wie ich’s gewohnt war jeden Nachmittag, da schlich in meine Sicherheit dein Onkel mit Saft verfluchten Schierlingskraut im Fläschchen und tropfte in die Pforten meiner Ohren tödlichen Absud… So wurde ich im Schlaf durch Bruders Hand geprellt um Leben, Krone, Königin…“ (Übersetzung von Erich Fried).


  2. Das Bilsenkraut war im Mittelalter auch eine Pflanze, die man in den Hexenprozessen verwendete. So sollen laut einer Überlieferung aus dem Jahr 1538 die Angeklagten Bilsenkraut bekommen haben, damit sie im Rausch ein Geständnis ablegten.

    Wenn die arme Frau sich dann der Hexerei bezichtigt hatte, gab man ihr zuweilen aus Mitleid Bilsenkraut, damit die Qualen der Folter und der Hinrichtung erträglicher wurden.


  3. Gerard, ein englischer Kräuterkundiger, sah in einer Bilsenkrautvergiftung etwas Ähnliches wie eine Alkoholvergiftung, da in beiden Fällen die Person bewusstlos wird und komatös schläft. Allerdings ist der Vergleich falsch: Beim Bilsenkraut tritt der Tod wesentlich früher ein als beim Alkohol. Zudem man beim Alkohol normalerweise kaum eine tödliche Dosis trinkt. Das Bilsenkraut jedoch kann ohne Weiteres auch in giftigen Dosen eingenommen werden, wenn man nicht aufpasst. Deshalb auch hier noch mal:
    Finger weg davon, wenn man Laie ist.


  4. Auch für Morde, oder auch Selbstmorde, wurde das Bilsenkraut oft verwendet. Da die Pflanzenteile auch mit anderem Gemüse verwechselt werden konnten, konnte man einem unliebsamen Menschen schnell das Kraut unterjubeln.
  5. In Gallien war es früher gebräuchlich, die Wurfspieße mit einem Bilsenabsud zu benetzen.
  6. Hieronymus Bock kannte auch eine Wirkung des Bilsenkrautes, die man sich beim Fischen zu Hilfe nehmen konnte: "... dass sie davon doll werden ... sie springen auf und kehren das weiß (den Bauch) nach oben, dass sie mit den Händen gefangen werden können."
  7. Ein Tipp zum Hühnerfangen war folgender: "Die Hühner auf dem Balken fallen herab, wenn sie den Rauch einatmen."
  8. Matthiolus schrieb unter anderem auch zur Pflanze: "... habe Bauernkinder gesehen, die sich, nachdem sie die Samen der Pflanze gegessen hatten, sich benahmen wie von Sinnen, so dass die Eltern dachten, böse Geister wären in sie gefahren."
  9. Wenn einem das Bilsenkraut aus Versehen in einen Salat gelangt, dann kann es vorkommen, dass man plötzlich einen unstillbaren Durst bekommt. Zudem kann es zu Schwindelgefühlen, Kopfweh und Übelkeit kommen. Hat man zu viel erwischt, versteifen sich die Muskeln, auch die Atemmuskeln, man erstickt.
  10. "Sumpfger Schlange Schweif und Kopf

    Brat und koch im Zaubertopf:

    Molchesaug und Unkenzehe,

    Hundemaul und Hirn der Krähe;

    Zäher Saft des Bilsenkraut,

    Eidechsbein und Flaum vom Kauz:

    Mächtger Zauber würzt die Brühe,

    Höllenbrei im Kessel glühe!"

    (Shakespeare - Macbeth)


  11. "Bilsenkraut ist ein Kraut des Saturn. Seine Blätter kühlen alle heißen Entzündungen der Augen oder eines anderen Körperteils. Es ist gut bei allen Arten von Schwellungen, auch der Frauen Brüste, oder anderswo, wenn man es in Wein kocht. Dies wird angewendet für warme Umschläge; es lindert Schmerzen bei Gicht, Ischias, Schmerzen in den Gelenken, die eine heiße Ursache haben. Das Kraut darf nie innerlich eingenommen werden! Äußerlich hilft es auch als Öl oder Salbe..."

    Nicholas Culpeper, 1653


  12. Auch in der Bibel wird das Kraut genannt, dort unter dem Namen "shikrona".
  13. Das im alten Persien "bangha" genannte Bilsenkraut galt dort als Räuchermittel und rituelle Droge. Schamanen tranken eine Wein-Bilsenkraut-Mischung und verräucherten das Kraut, wodurch sie in einen todesähnlichen Schlaf verfielen, der über mehrere Tage andauerte. Der Sinn hinter der Geschichte war der Glauben, dadurch eine Zeitreise bzw. eine Reise in das Jenseits unternehmen zu können.
  14. Die alten Kelten verräucherten das Kraut, um den Gott Belenos zu ehren. Dieser sollte eine Reise in das Jenseits ermöglichen.
  15. Im Mittelalter war es auch üblich, die Samen der Pflanze auf glühende Kohlen zu streuen, damit die Atmosphäre einen erotischen Touch bekam.
  16. Schamanen im Osten Afrikas führten damit eine Zeremonie durch, bei der sie das Kraut verräucherten, so dass man seine Feinde besser erkennen konnte.
  17. Schon in Gräbern aus der Bronzezeit und späterer Zeitalter fand man die Samen des Bilsenkrautes. Man nimmt auch an, dass das Kraut für die Wikinger eine Ritualpflanze war.
  18. Hildegard von Bingen schrieb über das Kraut:

    " ... wenn man das aus den Körnern hergestellte Öl isst oder wenn man das ganze Kraut isst, so ist es ein tödliches Gift. Wenn ein Mensch Bandwurmlarven in sich hat, so soll dieser Blätter zerreiben und auf die Haut auflegen. Wenn jemand zu viel Alkohol getrunken hat, so soll man das Kraut in Wasser einlegen und dem betrunkenen damit die Stirn, die Kehle und die Schläfen waschen, davon macht er wieder auf es geht ihm besser."


  19. Im alten Rom nannte man die Pflanze "apollinaris", da sie dem Sonnengott Apollo gewidmet war. Auch der Name "insania" war geläufig, das heißt so viel wie "die Wahnsinnerzeugende".
  20. Im alten Griechenland nannte man die Pflanze auch "hyosciamos", die "Schweinebohne".

    Dieser Name kommt daher: Die Zauberin Kirke soll die Gefährten Odysseus durch ihren unwiderstehlichen Gesang angelockt haben. Später mischte sie ihnen Bilsenkraut in das Essen, was dazu führte, dass die Männer in Schweine verwandelt wurden.


    Laut einer anderen Sage stieg Herkules in das Totenreich, um den Kerberos, den Höllenhund, herauszuzerren und an das Licht zu bringen. Der Hund fand das nicht so toll, und er keifte und wütete, und kämpfte und geiferte, und überall da, wo der Geifer den Boden berührte, wuchs daraus das Bilsenkraut.





Sammeln und lagern

Wenn Sie die Pflanze selbst sammeln wollen, sollten Sie die Blätter einer Pflanze im 2. Wuchsjahr verwenden, wenn die Pflanze in voller Blüte steht. Zwar stinken Pflanzen im ersten Jahr nicht so stark, jedoch ist darin auch weniger Wirkstoff enthalten.


Das Kraut sollte vorsichtig getrocknet werden, da die Inhaltsstoffe sonst schnell verloren gehen. Man muss auch darauf achten, dass wirklich keine Restfeuchtigkeit zurückbleibt.


Frische Blätter haben einen schleimigen und beißenden Geschmack. Das und der stinkende Geruch vergehen aber nach dem Trocknen. Der Geschmack geht dann ins Bittere über.


Wenn man die getrockneten Blätter verräuchert, knistern sie ganz deutlich, was vom Nitratgehalt der Pflanze kommt. Gleichzeitig verströmen die rauchenden Blätter einen intensiven Geruch.


Die Samen des Bilsenkrauts sollte man im August sammeln, wenn sie reif sind. Man trocknet sie gründlich im Ofen. Danach lagert man sie in einer Dose ein.



Übersicht zu Bilsenkraut
Volksnamen

Bilsenkraut, Saukraut, Schlafkraut, Schwarzes Bilsenkraut, Teufelswurz, Tollkraut, Zigeunerkraut, Apollonienkraut, Becherkraut, Prophetenkraut, Rasewurzel, Schwarzes Bilsenkraut, Zahnwehkraut


Sammeln in der Natur

Das Sammeln in der Natur sollte bitte unterbleiben, da die Pflanze inzwischen nicht mehr allzu oft anzutreffen ist.


Ein Bilsenkrautöl

Geben Sie frische Blätter des Bilsenkrauts in Sonnenblumenöl, lassen Sie dies für acht Wochen stehen. Danach filtern Sie die Blätter aus dem Öl heraus und geben Sie das Öl in eine dunkle Flasche. Das Öl hilft gegen Schmerzen und kann äußerlich, auf die Haut aufgetragen, gegen Rheuma helfen. Allerdings sollte man das Öl vorsichtig dosieren und vor allem für Kinder unerreichbar lagern.




Giftig

Vorsicht - Risiken und Nebenwirkungen

SEHR GIFTIG! AUF KEINEN FALL SELBST ANWENDEN!



Bilsenkraut steht auf der roten Liste der gefährdeten Pflanzen.



"Die Hexen tranken den Absud vom Bilsenkraut und hatten jene Träume, für die sie gefoltert und hingerichtet wurden. Auch zur Hexensalbe ward es verwendet, und man benützte es zum Wettermachen und zum Geisterbeschwören."





Quellen zu diesem Artikel

  1. Die Kräuter in meinem Garten - provisionierter Link von Amazon

Quellenverzeichnis




Ähnliche Themen: